Langsam wird es unübersichtlich. Landauf, landab sind die Ansprüche zu hoch und die Eigeninitiative zu niedrig – da passen sich die Wirte und Braumeister ihren Gästen leider an. Geschürt wird diese Entwicklung von Tourismus- und Gaststättenverbänden die trotz vieler Jahre der ungebremsten Preissteigerungen immer noch propagieren, dass es in Franken zu billig ist und für diese Preise angeblich keine vernünftigen Produkte zu bekommen wären. Eine Ohrfeige für die regelmäßigen Stammtisch- und Wirtshausbesucher der letzten Jahrzehnte.
Anders kann ich mir aber das rasant fortschreitende Sterben von Traditionsbrauereien und immer neuen Einschränkungen bei den Öffnungszeiten nicht mehr erklären.
In der letzten Zeit gab es folgende Neuigkeiten, die mir bekannt geworden sind:
Die Brauerei Fischer, Greuth bezieht ihr Bier bei der Brauerei Rittmayer in Hallerndorf.
Die Gaststätte der ehemaligen Sternbräu in Elsendorf hat seit 01.04.19 nur noch für Hotelgäste offen. Das Bockbierfest an Christi Himmelfahrt gibt es dort auch nicht mehr.
Die Brauerei Kurzdörfer in Lindenhardt braut angeblich schon einige Zeit nicht mehr selbst.
Die Gaststätte der Brauerei Will in Schederndorf hat ab sofort Montag und Dienstag Ruhetag.
Der Rittmayer Gartenkeller in Hallerndorf hat ab dieser Saison einen Ruhetag am Samstag.
Die Brauerei Wichert in Oberwallenstadt/Lichtenfels hat 2018 den Braubetrieb eingestellt und lässt nun bei der Püls-Bräu in Weismain ihr Bier herstellen.
Die Brauerei Reuter in Unternbibert hat im Dezember 2018 den Braubetrieb endgültig eingestellt. Die eigene Wirtschaft hatte ja schon viele Jahre geschlossen. In der noch bestehenden Gaststätte in Unternbibert wird seitdem Hofmühl ausgeschenkt.
Hallo Rainer,
ich denke, dass die Ursachen nur im geringen Umfang bei den Tourismus- und Gaststättenverbänden zu suchen sind.
Bei den Kleinbrauereien sind zum großen Teil die behördlichen Auflagen ein ganz großer Faktor.
Dazu kommen noch im Gastro-Bereich die Personalprobleme. Wie mir ein Gastwirt, in der Nähe von Pretzfeld, der jetzt auch aufgegben hat, erzählte: Die Oma hat früher die Klöß gerollt und den ganzen Tag die Stellung in der Wirtschaft gehalten, diese Oma’s gibt es nicht mehr. Die Kinder haben keine Lust mehr bis spät abends und am Wochenende in den Gaststätten zu arbeiten und wählen andere Berufe. Hier haben sie festes Einkommen, Feierabend und langen Urlaub. Unter der Woche gibt es fast keinen Umsatz, nur am Wochenende läuft das Geschäft. Gutes Personal in Festanstellung zu finden ist schwer und wenn, dann wollen die gut bezahlt werden. Da sind schnell dreitausend Euro im Monat mit Lohnnebenkosten weg und die müssen erst mal verdient werden.
Ich weiß nicht was Du für einen Job hast, aber rechne mal durch wieviel ein Wirt verdienen muss, wenn er bei gleichem Nettogehalt, Altersversorgung, Krankenkasse mit Verdienstausfall, Urlaub, … ankommen will. Dazu kommt noch, dass er sein Wirtshaus in Schuß halten muss. Ich bin sehr viel in anderen Regionen Deutschlands unterwegs, obwohl das Preisgefüge dort erheblich höher ist, sieht man das Gaststättensterben vermehrt. Die wenigen, die noch verbleiben, setzen dann den Gästen für viel Geld Convenience-Produkte auf den Tisch. Selbst hochpreisige, hoch gelobte Sterne-Lokale machen dicht, siehe in Nürnberg letztes Jahr. Meine Meinung ist, dass wir uns auf jeden Fall von den sog. fränkischen Preisen verabschieden müssen, denn die sind nicht mehr länger haltbar. Das Wirtshaussterben wird auch rasanter fortschreiten.
Verstehe mich bitte richtig. Ich bin kein Vertreter der Gastro-Fraktion. Ich beschäftige mich lediglich im privaten Umfeld mit diesem Bereich. Jedenfalls kenne ich wenige Gastwirte, die keine Existzenzprobleme haben und dies ist kein Jammern auf hohem Niveau.
Hier noch ein Link zu Convenience vom NDR: https://www.ndr.de/ratgeber/verbraucher/Welche-Arten-von-Convenience-Food-gibt-es,conveniencefood100.html
Vielen Dank für die interessanten Informationen, die Du über den Blog zur Verfügung stellst.
Auch wenn es immer wieder Verdruß gibt, wünsche ich Dir viel Spaß mt den fränkischen Bieren und Wirtshäusern.
Viele Grüße
Herbert
Hallo Herbert, vielen Dank für Deinen ausführlichen Kommentar. Ich sitze hier beim Trunk im Biergarten und überlege wie ich kontern kann. Leider hast Du mit allen Argumenten recht, aber Du ziehst die falsche Schlussfolgerung. „Die Kinder haben keine Lust mehr…“ ist meiner Meinung nach der Punkt. Es ist kontraproduktiv die Preise auf dem fränkischen Land denen in Köln anzugleichen. Das Problem wird damit nicht gelöst.
Man sieht das ganz schön in Neudrossenfeld im Bräuwerck. Das ist ein Paradebeispiel wie es nicht funktioniert. Wenn man von der Putzkolonne bis zum Braumeister jeden anstellen muss kann sich das nie rechnen.
Ohne Eigeninitiative funktioniert die vielbeschworene, fränkische Wirtshauskultur nicht. Eigentlich geht das nur im Familienbetrieb, wenn alle mithelfen. Reich wird man dabei nicht. Ich sehe das auch so, dass diese Zeiten, außer in der Folklore der Touristen vorbei sind.
Jetzt muss ich aber hier langsam gehen, sonst schaffe ich meinen Zug nicht mehr. Damit bin ich hier übrigens auch alleine, aber das ist ein weiteres Problem, welches aber mit der Erwartungshaltung zusammenhängt.
Hallo Rainer, woher hast du die Information über die Brauerei Kürzdörfer? Auf deren Homepage steht davon nichts und sie sind ja auch Teil des Bierquellenwanderweges. Wäre sehr schade, ich plane ihn am Vatertag zu laufen.
Schöne Grüße,
Giuseppe
Hallo Giuseppe, ich war letztes Wochenende in Büchenbach und Leups zum Maibock probieren. Bei beiden hat man sich am Tisch darüber unterhalten, dass das Bier in Lindenhardt „wohl“ schon länger woanders gebraut wird. Am Besten Du gehst hin und fragst den Chef vor Ort selbst. Am Geschmack wird man es wahrscheinlich nicht bemerken, wenn man es nicht regelmäßig trinkt (war nie besonders auffällig). Wir waren in den Faschingsferien zuletzt dort und hatten es nicht geschmeckt. Wenn Du es dann sicher weißt, würde ich mich über eine Rückmeldung freuen – besonders neugierig bin ich, wo es gebraut wird.
Viele Grüsse, Rainer
Mir ist eingefallen, dass ich bisher das Ende der Brautätigkeit in Oberwallenstadt/Lichtenfels bei der Brauerei Wichert vergessen hatte zu erwähnen. Das habe ich nun nachgeholt.
Ich hatte auch schon wieder vergessen, dass die Brauerei Reuter in Unternbibert, nachdem schon jahrelang die eigene Gaststätte geschlossen war, im Dezember 2018 endgültig aufgehört hat ihr leckeres Bier herzustellen.