Horizonterweiterung

Auf Ideen kommt der biersuchende Mensch, wenn plötzlich alles mit nur 9 Euro im Monat erreichbar scheint und eine Woche Zeit zum Erkunden bleibt. Frei nach dem Motto: „Die Landschaft aus vollen Zügen genießen“ 🤣

Am letzten Montag überlegten wir im Rahmen der schönen fränkischen Heimat, wo es denn Brauereien gibt, die wir innerhalb unseres Verkehrsverbundes wohl auf absehbare Zeit nicht erreichen können. Unsere Gedanken fielen dabei auf Hof. Nicht nur ein weißer Fleck in unserer geografischen, sondern auch in der bierigen Landkarte – zumindest wenn man Bier am liebsten am Herstellungsort genießt. Zudem war letzten Montag „Schlappentag“ in Hof, für das die konzernzugehörige, örtliche Großbrauerei ein „Schlappenbier“ braut. Ein guter, abgerundeter, kupferfarbener, nicht zu starker Bock der mich ehrlich positiv überraschte.

Am Bahnhof in Hof kam dann die nächste Inspiration in Form der Mitteldeutschen Regiobahn, mit Zielbahnhof Dresden, am Nachbargleis. Da war doch was?

Richtig! Ich hatte 2019 hinter Vierzehnheiligen zwei Flaschen mit hervorragendem Gebräu nach einem Unwetter aus einem Bach gefischt, die aus der Gegend kamen. Genaugenommen Radebeul (Brauhaus Radebeul), welches von Dresden aus auf halber Strecke nach Meißen liegt. Diese Flaschen wollte ich die ganze Zeit mal zurückbringen und gleichzeitig die schöne Stadt besichtigen. Durch die Pandemie hat das nur etwas länger gedauert.
Der edle Spender war und ist Brauer dort und hatte damals wegen ein paar (Bier)Wandertipps mit mir Kontakt aufgenommen.
Schnell war eine Übernachtung in Dresden gebucht und aus dem Plan wurde Ernst.
Also gings am Abend heim, ein paar Sachen und die Flaschen holen und am nächsten Früh wieder in den Zug mit Fahrtziel Hof.
Zuvor mussten wir, wenn schon in Hof, natürlich noch ein paar Biere der Meinel-Schwestern verkosten, denn die (das Bier) kannte ich bisher nur aus der Flasche. Besonders das helle Rauchbier (Mephisto) hatte es mir angetan. Kein Schinken, einfach nur ein wenig Rauch. Super, so mag ich ein Rauchbier (es war aber trotzdem aus der Flasche) 😁 🍻. Leider hat die Meinel-Brauerei kein eigenes Wirtshaus oder einen Biergarten, aber gleich um die Ecke bei „Meinels-Bas“ wurden wir fündig.

Ganz so glatt wie geplant lief es am nächsten Tag aber doch nicht mit der Anreise nach Dresden, weil es dem System Deutsche Bahn natürlich scheißegal ist, ob Anschlusszüge erreicht werden oder nicht. So verbummelten wir den Anschlusszug mit ein paar fadenscheinigen Bandansagen-Ausreden an irgendeinem roten Signal, auf freier Strecke, kurz vor Hof. Zum Glück fährt der Zug Hof-Dresden stündlich. Leider haben wir es damit aber versäumt unseren Bierspender persönlich kennen zu lernen.

Wir sind dann sofort vom Bahnhof ins Hotel und gleich weiter nach Radebeul (S-Bahnstation Coswig) gefahren. Das „Brauhaus“ sieht von außen eher wie eine Schrottimmobilie aus dem letzten Jahrhundert aus. War wohl mal als Disco und Eventlokation inkl. Brauerei geplant, steht aber zur Zeit, bis auf die umfangreichen Räumlichkeiten des Brauhauses nahezu leer. Bekanntlich zählen aber die inneren Werte. Deshalb machten wir uns gleich ans Probieren. Wir hatten das Pils, das Helle, das Hefeweizen und das Summer-Ale. Mein absoluter Favorit war das Helle. Wenns aus Franken wäre, würde ich es als bestes fränkisches Helles einstufen, sogar noch vor Witzgal und Scheubel. Irre, dass ich sowas mal schreibe, aber ein so tolles, vollmundig, kräftiges, naturtrübes Helles, mit einem mini-Hauch Kalthopfung habe ich wirklich noch nicht getrunken. Einfach klasse gemacht. Auch das Weizen (ich mag keine Banane) hat mich überzeugt. Es reiht sich ein in die für mich besten Weizen in Franken (Stöckel, Kaiser (Grasmannsdorf), Rittmayer und Eichhorn (Dörfleins)).

Vom Kollegen „unseres“ Brauers bekamen wir dann auch noch die Braustätte gezeigt und den Tipp mit der Straßenbahn (Linie 4) in die Stadt zu fahren. War eine lustige Haltestelle, im Schotter und unter einer Eisenbahnbrücke, aber dafür haben wir dann viel von dieser Ecke Dresdens gesehen und sind auch bei der (für uns) zweitbesten Brauerei Dresdens („Watzke“ – unser Ziel für den späteren Abend) vorbeigefahren.

Die Sehenswürdigkeiten von Dresden spare ich mir hier, die kann man auch im Internet betrachten.
Beim Watzke hatten wir das Pils und das Sommerbier. Letzteres war nach meinem Geschmack etwas dünn, aber dafür konnte das naturtrübe Pils überzeugen. Eher ein mildes (fränkisches) Pils, oder ein herberes Kellerbier, aber auf jeden Fall die richtige Erfrischung für den lauen Sommerabend. Dienstag ist zudem Maßtag mit verbilligtem Literpreis.

Im Watzke waren wir dann auch noch am nächsten Abend (wir haben kurzfristig noch eine Nacht drangehängt zudem war das Watzke – Stammhaus (Ballhaus Watzke) in Laufentfernung zu unserer Übernachtung) und am Donnerstag zum Mittagessen.

„Die“ Großbrauerei am Ort ist sicher Feldschlößchen. Aufgekauft nach der Wende von Carlsberg, aber bald wieder abgestoßen und zur Zeit in Ostdeutscher Hand mit Sitz in Frankfurt/Oder. Ich kenne keine andere Ostdeutsche Großbrauerei (lasse mich aber gerne belehren), die nicht zu einem West-Konzern gehört. Insofern gebührt ihnen Respekt, auch wenn das Bier eher lasch mundet (aber trinkbar ist), wie halt leider das meiste Bier aus Großbrauereien.

Die vierte (mir bekannte) Brauerei in Dresden ist die Neustädter Hausbrauerei. In bzw. vor der Wirtschaft „Bautzner Tor“ am Rand des Dresdener-Szeneviertels konnten wir das Bio Neustadt Hell und das Elbhang Rot probieren. Wie hätte es anders sein sollen, das Hell gefiel mir wieder einmal besser, aber auch das Rot hätte ich nicht stehen lassen. Wenn ich in Dresden leben würde wäre ich bestimmt öfters in dieser Wirtschaft.

Am nächsten Nachmittag gings dann schon wieder zurück nach Franken, denn für den Freitag hatten wir vor mit dem ÖPNV auf den Kreuzberg zu fahren, da wir dort oben auch noch nicht so oft waren. Die An- und Abreise ging erschreckend gut, hin mit Rufbus von Bischofsheim direkt zum Kloster, zurück ab Bischofsheim. Beides über Neustadt (Saale) und Schweinfurt bzw. Würzburg. Am Berggasthof Neustädter Haus bekamen wir dann auch noch ein Strecks Pils aus Ostheim/Röhn aus der Flasche.

Am Samstag führte mich das Ticket dann nach Kelheim. Erst war der Schneider Biergarten dran – ich musste ja mal das helle Landbier aus der Weissbierbrauerei versuchen – war würzig und süffig, aber auch ausgewogen gehopft. Danach durfte aber das helle und das dunkle Weizen nicht fehlen. Gut gestärkt lief ich dann zum Kloster Weltenburg um das dortige Dunkle zu probieren, welches noch als einziges Bier (zumindest teilweise) vor Ort im Kloster gebraut wird. Die restlichen Sorten „Klosterbier“ kommen aus der Bischofshof-Brauerei / Regensburg. Was soll ich sagen, wie ich noch richtig in Erinnerung hatte nicht mein Fall, da ich keine Röstaromen im Bier mag, aber die Hitze hat auch das für mich erträglich(er) gestaltet.

Zurück in Kehlheim musste ich noch einmal zum Schneider Biergarten und die Hopfenweisse (kräftig, fruchtig, stark) und den Aventinus Eisbock genießen – das richte „Betthupferl“ für die lange Fahrt zurück. Der Eisbock war schön schockoladig und durch den hohen Alkoholgehalt auch für mich gut genießbar.

Am Sonntag gings nach Ummerstadt zum Brauhausfest, das hatte ich im vorherigen Artikel schon beschrieben und am Montag, Dienstag war dann das übliche Programm – Viereth-Trossenfurt-Mühlendorf-Reundorf bzw. Forchheim-Hallerndorf-Stiebarlimbach (bei der Brauerei Witzgal war leider zu) dran.

Damit war die ereignisreiche Woche schon wieder vorbei.

2 Gedanken zu „Horizonterweiterung“

  1. fantastic report and pictures(again) — a good use of that 9E ticket.
    We had some hassles with crowded trains/platforms in Bamberg, especially with bicycles.
    I think Trossenfurt keller( the ‚other‘ Roppelts) is underrated.
    Hope you enjoy more train travel before the month ends.

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    • Thank you very much! Traveling by bike on public transport is unfortunately not advisable at the moment. I have a subscription, so the 9 euro ticket ends for me on August 31, 2022. 😁🍻
      I’m in Trossenfurt at least once every 14 days.

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